„Handwerk hat goldenen Boden“. Das gilt insbesondere in der heutigen Zeit für jeden Fachhandwerker, besonders für Wärmepumpen-Profis. Trotz aktuellen Bestellrückgängen wird der Boom im nachhaltigen Heizungsmarkt langfristig anhalten. Das erwarten Experten auch nach der Verabschiedung des neuen Heizungsgesetzes. Was dies in Zeiten das Fachkräftemangels genau bedeutet, haben wir einmal unter die Lupe genommen.
Hersteller investieren seither Milliarden von Euro in den Ausbau ihrer Produktionskapazitäten und starteten den Aufbau riesiger Fabriken - davon für rund drei Milliarden alleine in Deutschland. Das Handwerk wurde in kürzester Zeit mit Aufträgen überschwemmt. Die Nachfrage kam so plötzlich, dass Lieferzeiten für Wärmepumpen bis zu einem Jahr die Folge waren. Dass der steile Anstieg Konsequenzen für das installierende Handwerk haben würde, räumte der Minister nach seiner Verlautbarung 2022 gleich mit ein. Denn irgendjemand muss jedes Jahr hunderttausende von Wärmepumpen ja schließlich einbauen – fachgerecht, versteht sich. Darum fasste sein Ministerium die Ergebnisse des 2. Wärmepumpengipfels in einem Eckpunktepapier zusammen:
„Fachkräfte sind in vielen Branchen rar, aber vor allem im Handwerk. Daher soll die Attraktivität des Handwerks mit neuen Qualifikationen im Bereich Wärmepumpe und Erneuerbare Energien gesteigert werden. Das gilt sowohl für Ausbildungsberufe wie für Fortbildungen.“
Wie man sich das vorstellt, wurde auch gleich mit zwei Beispielen umrissen:
1. Das Handwerk plant im Bereich Fortbildung die Entwicklung einer/s „Geprüfte/r Berufsspezialist/in Wärmepumpe“ als neuer Fortbildungsabschluss. Bereits umgesetzt wurde der neue Ausbildungsberuf „Elektroniker(in) für Gebäudesystemintegration“.
2. Mit dem „Aufbauprogramm Wärmepumpe“ wird das BMWK ab 2023 die Teilnahme von ausgebildeten Fachkräften im Handwerk, von Planenden und Energieberatenden an Fortbildungen speziell zum Thema Wärmepumpen fördern.
Dazu solle die Branche Synergien nutzen. Die großen Zentralverbände des Handwerks in der Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik (ZVSHK) und der Elektrotechnik (ZVEH) gestalten künftig gewerkeübergreifend die Installation von Wärmepumpen, so die Vorstellung des Ministeriums. Hinzu gehört außerdem das Kälteanlagenbauerhandwerk als gelernter Spezialist für die Wärmepumpentechnik. Zusammen sollen Installationszeiten verkürzt und knappe Fachkraftkapazitäten effizient und effektiv genutzt werden – eine echte Win-Win-Win Situation also, möchte man meinen. Und was ist daraus geworden?
Tatsächlich treffen inzwischen eine etwas gedämpfte Goldgräberstimmung einerseits und der Fachkräftemangel andererseits direkt aufeinander. Gedämpft deshalb, weil die Heizungsbranche 2023 zwar erstmals seit Jahrzehnten wieder voraussichtlich über einer Million Geräte absetzen wird - davon alleine rund 350.000 Wärmepumpen. Tatsächlich sind dies aber überwiegend Aufträge aus dem Jahr 2022, die wegen des großen Lieferverzugs erst jetzt abgearbeitet werden können. Für 2024 sieht das Handwerk eine eher düstere Auftragslage auf sich zukommen.
Darauf deutet hin, dass die Zahl der Förderanträge in den ersten 8 Monaten dieses Jahres um 73 Prozent gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres sank. Als Hauptgrund dafür nennen Experten das inzwischen verabschiedete Heizungsgesetz. Da es zur Erstversion 2022 für den Gebäudebestand große Veränderungen gab, brach dieser riesige Markt mit rund 15 Millionen Gebäuden ein. Gerade aber die befürchteten harten Sanktionen zur Umrüstung auf Wärmepumpen in bestehenden Ein- und Mehrfamilienhäusern lösten 2022 den plötzlichen Boom aus.
Renaissance der Gas- und Öl-Heizungen
Hinzu kommt, dass der Wärmepumpenabsatz derzeit wieder auf dem Niveau vor dem rasanten Anstieg der Energiepreise Anfang 2022 stockt. An den Förderanträgen (Abbildung 1) lässt sich dies direkt nachvollziehen. Gleichzeitig erleben derzeit Gas und Öl im Bestand nochmals ein Comeback. Branchenverbände fordern daher, schnellstens mit einer attraktiven Förderkulisse und vor allem mit Strompreis- und Steuersenkungen für Wärmepumpen zu reagieren. Denn die Energiekosten fallen über die Lebensdauer einer Heizungsanlage mit 70 bis 80 Prozent der Gesamtaufwendungen besonders ins Gewicht.
Der Preis für Wärmepumpenstrom ist in Deutschland aber nach wie vor nicht wettbewerbsfähig zu Gas und Öl. Reagiert die Politik nicht umgehend, werden die von Minister Habeck geforderten Installationen von 500.000 Wärmepumpen pro Jahr vorerst Wolkenkuckucksheime bleiben. Zumindest bis die Wärmeplanungen der Länder und Kommunen im Laufe der nächsten Jahre stehen und dann auch für den Gebäudebestand Planungssicherheit besteht.
Was aber bedeutet dieser, wenn auch vorerst noch gedämpfte Boom für den Fachkräftebedarf im Handwerk? Der ZVSHK hatte im Frühjahr 2023 hierzu in einer Studie erhoben. Das Ergebnis: derzeit werden rund 15 Prozent Fachhandwerker hinzugewonnen, gleichzeitig gehen aber 30 Prozent verloren. Es droht also eine Mangellage. Und tatsächlich fehlen laut Branchenverband bereits rund 60.000 Heizungsinstallateure in Deutschland. Hinzu kommt, dass zum neuen Ausbildungsjahr wieder viele offene Stellen nicht besetzt werden konnten. Außerdem bricht eine große Zahl der angehenden SHK-Gesellen die Ausbildung vorzeitig ab. Vor all diesen Hintergründen würden die Ausbau- und Klimaziele bei Wärmepumpen nicht bis 2030, sondern erst in 20 Jahren erreicht werden können, so der ZVSHK.
Andererseits können Klimaberufe wie für Wärmepumpen als Chance dienen und dazu beitragen, die Beschäftigungszahlen im Heizungshandwerk wieder zu erhöhen. So könnten attraktive neue Arbeitsplätze, ja sogar neue spezialisierte Handwerksbetriebe, oder bislang in der Handwerksordnung fehlende neue Klimaberufe geschaffen werden. Dafür sollten Handwerksbetriebe schon heute verschiedene Maßnahmen ergreifen, um letztendlich auch dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.
Sowohl Bund, als auch Branchenfachverbände sind sich darin einig, haben dafür einen Branchendialog initiiert und möchten im ersten Halbjahr 2024 Maßnahmen und Vereinbarungen für die „Transformation im Handwerk“ veröffentlichen. Daran anknüpfend startete der „Runde Tisch Klimahandwerk“. So sollen für klimarelevante Handwerksberufe von zwei Arbeitsgruppen Lösungsansätze zu den Themenbereichen „Prozessoptimierung“ und „Fachkräftequalifizierung“ erarbeitet werden. Aber schon jetzt ist vieles möglich, um das Klimahandwerk voranzubringen.
Wissen, Wissen und nochmal Wissen
Vor allem die Begeisterung für die Zukunftstechnologie Wärmepumpe, langfristig sichere Arbeitsplätze und gute Verdienstmöglichkeiten sind echte Trümpfe beim Werben um zusätzliche Fachkräfte oder Auszubildende. Und es gibt verschiedene Weiterbildungsmaßnahmen für Wärmepumpen, die von Fachkräften und Installateuren besucht werden können, um ihre Kenntnisse und Fähigkeiten zu erweitern, oder auf dem neuesten Stand zu halten:
Herstellerspezifische Schulungen: Die meisten Wärmepumpenhersteller bieten spezielle Schulungen, Trainings und Fachpartnerprogramme an, um Installateure über die neuesten Technologien und Produkte auf dem Laufenden zu halten. Diese Schulungen werden online oder vor Ort durchgeführt.
Fortbildungsveranstaltungen: Es gibt auch unabhängige Organisationen und Bildungseinrichtungen, die wie der ZVSHK den Lehrgang WPA-Fit für Wärmepumpenanlagen, oder Fortbildungsveranstaltungen zur Fachkraft für Klima- und Wärmepumpenanlagen anbieten, und die über die neuesten Entwicklungen in der Wärmepumpentechnologie auf dem Laufenden halten.
Zusatzqualifikationen: Auf Grundlage der bestehenden Verbändevereinbarung zwischen ZVSHK und ZVEH werden gerade Schulungsangebote für das jeweils andere Gewerk erarbeitet, um Installation und Anschluss von Wärmepumpen zu vereinfachen.
Zertifizierungen: Installateure können spezielle Zertifikate erwerben, die ihre Kompetenz in der Installation und Wartung von Wärmepumpen belegen. Dazu zählen der kleine und große Kälteschein, oder die Sachkunde für Wärmepumpensysteme nach VDI 4645. Die Zertifikate werden von Herstellern, Ausbildungsakademien, oder von unabhängigen Organisationen ausgestellt.
Praktische Erfahrung: Neben Schulungen und Zertifikaten ist es natürlich wichtig, praktische Erfahrungen in der Installation und Wartung von Wärmepumpen zu sammeln. Installateure können dies durch praktische Übungen bei Herstellern, oder über ein Kurzpraktikum bei erfahrenen Handwerksbetrieben erreichen. Besonders eigenen sich dafür Firmen mit dem Gütesiegel ‚Fachbetrieb Wärmepumpe‘.
Online-Ressourcen: Last but not least gibt auch eine Vielzahl von Online-Ressourcen wie Webinare, Schulungsvideos, den Wärmepumpen-Führerschein des Bundesverbandes Wärmepumpe (BWP), oder Handwerkerforen und technische Dokumentationen, die Installateure nutzen können, um ihr Wissen über Wärmepumpen zu erweitern.
Es gibt also viele verschiedene Weiterbildungsmöglichkeiten für Wärmepumpen-Installateure und Fachkräfte, um ihre Kenntnisse und Fähigkeiten zu verbessern und auf dem neuesten Stand zu bleiben. Und inzwischen haben laut Branchenverband bereits über 80 Prozent der SHK-Fachbetriebe davon Gebrauch gemacht. Besonders attraktiv dazu: Über das ‚Aufbauprogramm Wärmepumpe‘ werden viele dieser Maßnahmen vom Bund sogar zu großen Teilen gefördert.
Alles zusammen wird dazu beitragen, dass Wärmepumpenfirmen auch in Zeiten des Fachkräftemangels genügend qualifizierte Arbeitskräfte zur Verfügung haben und jederzeit darauf vorbereitet sind, wenn das Wärmepumpengeschäft den Erwartungen von Politik, der Klimawirtschaft und des Handwerks hoffentlich bald wieder Schritt hält.
5 Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel
Ausbildung: Handwerksbetriebe können eigene Ausbildungsprogramme und -initiativen anbieten, um junge Menschen und Berufsanfänger für den Beruf des Wärmepumpeninstallateurs zu begeistern.
Kooperation mit Bildungseinrichtungen: Wärmepumpenfirmen können mit Herstellern, Berufsschulen und anderen Bildungseinrichtungen zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass die Ausbildung auf die Bedürfnisse der Branche zugeschnitten ist und der Bedarf an Fachkräften gedeckt wird. Das BAFA hat dazu am 31. Juli eine überarbeitete Liste der Bildungsträger mit 60.000 Schulungsplätzen veröffentlicht, die im Rahmen der Bundesförderung Aufbauprogramm Wärmepumpe (BAW) tätig sind.
Personalentwicklung: Wärmepumpenfirmen können auch in die Personalentwicklung ihrer Mitarbeiter investieren, um ihre Kompetenzen und Fähigkeiten zu erweitern und zu verbessern.
Recruiting: Wärmepumpenfirmen können gezielt Fachkräfte suchen und rekrutieren, zum Beispiel durch Stellenanzeigen in relevanten Fachzeitschriften oder auf spezialisierten Jobportalen.
Mitarbeiterbindung: Und Wärmepumpenfirmen können auch bestehende Mitarbeiter durch gute Arbeitsbedingungen, Weiterbildungsmöglichkeiten, attraktive Vergütung und andere Anreize binden und so den Fachkräftemangel in ihrem Unternehmen reduzieren.
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